Renateinhongkong

Dienstag, März 10, 2009

Moderne Konkubinen in China

"Als Nebenfrau" taucht die Konkubine in fast jedem klassischen chinesischen Roman auf. Mittlerweile gibt es sie wieder: "Ernai" zu werden ist für manche Chinesin attraktiver, als in der Fabrik zu arbeiten. SPIEGEL ONLINE erklärt, was Zweitfrauendörfer sind.
Nein, legal ist es nicht, sich eine Zweit- oder gar Drittfrau zu halten. Eine lange Tradition hat das Konkubinat freilich schon. Inoffiziell. Denn auch im alten China war es rein rechtlich nicht möglich, mehr als eine Frau zu heiraten. Eheliche Verbindungen wurden von der Familie arrangiert, Braut und Bräutigam hatten dabei wenig mitzureden
Während die Auswahl der Hauptfrau oft auf strategischen Kriterien basierte – beispielsweise um einflussreiche Familien miteinander zu verbinden – galten die Konkubinen als erotische Gespielinnen und Statusobjekte. Ohne große Zeremonien wurden sie in den Haushalt aufgenommen und standen in der Hierarchie weit unter der Hauptfrau.
Dass sie im Deutschen oft als "Zweitfrau" oder "Nebenfrau" bezeichnet werden, ist im Grunde genommen nicht korrekt. Mangels offiziellen Status waren sie weder rechtlich abgesichert noch erbberechtigt.
Rechtlose Existenz
Das Alltagsleben der Konkubinen war geprägt vom permanenten Machtkampf um die Gunst des "Ehemanns", den versteckten Intrigen und Eifersüchteleien unter den Frauen des Haushalts und nicht zuletzt dem Druck, dem Hausherren einen Sohn zu gebären. Meist wurde dieser dann als Kind der Haupt- und eigentlichen Ehefrau erzogen.
Fand der Mann keinen Gefallen mehr an der Konkubine, konnte er sie grundlos verstoßen. Schlimmer noch: Starb der Hausherr, oblag das Schicksal der Konkubinen der Hauptrau. Nicht selten ließ diese ihre unliebsamen Konkurrentinnen an ein Bordell verkaufen oder jagte sie mittellos aus dem Haus.
Auch wenn es in vielen Romanen aus der Zeit des klassischen China so scheint, als sei diese Form des Zusammenlebens weitverbreitet gewesen, traf dies nur auf die Oberschicht zu. Konkubinen zur Zweit- oder Drittfrau zu nehmen erhöhte den gesellschaftlichen Status.
In China hatten die Konkubinen freilich wenig mitzureden. Als junge Mädchen verkauft, war ihr Schicksal nicht selbst gewählt. Meist stammten sie aus der Unterschicht, denn hier war es den Eltern oft nicht möglich, ihren Töchtern eine ordentliche Hochzeit zu finanzieren, ohne sich bis ans Lebensende zu verschulden.
Die Konkubine kehrt zurück
Obwohl das Konkubinat 1949 in China offiziell abgeschafft wurde, gibt es heute wieder eine ganze Reihe solcher Verbindungen. Dank Wirtschaftsboom kann es sich manch ein Chinese der neuen Mittel- und Oberschicht wieder leisten, sich seines feudalen Erbes zu besinnen. Vor allem neureiche Geschäftsmänner aus Taiwan, Hongkong und China leisten sich wieder den Luxus, eine Zweitfrau auszuhalten. Allerdings - und das ist der große Unterschied - ohne das Wissen der Ehefrauen, die diesen Umstand wahrscheinlich mit einer Blitz-Scheidung quittieren würden.
Das Risiko ertappt zu werden ist gering: Die Zweitfrau wird kurzerhand in einer eigenen Wohnung untergebracht, vorzugsweise in einer Stadt, in der der international tätige Geschäftsmann ohnehin oft unterwegs ist. Am Rande der großen chinesischen Wirtschaftszentren entstehen regelrechte Nebenfrau-Siedlungen mit schmucken Appartements. Statistische Daten sind aus verständlichen Gründen nicht verfügbar – wer gibt schon zu, in einer illegalen Verbindung zu leben.
In Shenzhen beispielsweise gibt es jedoch ganze Straßenzüge, die ausschließlich von Zweitfrauen bewohnt und im Volksmund offen als "Zweitfrauendörfer" bezeichnet werden. Wirklich geheim ist die Existenz der Konkubinen sowieso nicht – schließlich gibt es im Kreise der Kollegen und Geschäftspartner Prestige und "Gesicht", sich eine zweite Frau leisten zu können.
Kandidatinnen für den Posten gibt es jedenfalls genug: Für die Konkubine ist das unsichere Schicksal einer Zweitfrau immer noch erheblich attraktiver als die harte Arbeit am Fließband. Wird der Gönner seiner Zweitfrau überdrüssig, gilt es, schnell für einen neuen "Ehemann" zu sorgen. Langfristig rutschen viele von ihnen allerdings in die Prostitution ab.